Pilzwiderstandsfähige Reben: kurz PIWIs

Auf dem Hof Gandberg brillieren die PIWIs. Auf 2 ha werden als weiße Sorten Solaris, Bronner, Souvignier gris und Muscaris angebaut, als rote spielen Cabernet Cantor und Cabernet Cortis die Hauptrollen. Das andere runde Dutzend Sorten sind Ausdruck der Experimentierfreude und des ständigen Entwicklungsbestrebens der Niedermayrs.

Warum PIWIs?
Thomas erzählt: „Ab Mitte des 19. Jahrhunderts kam der europäische Weinbau in eine große Krise: Pilzkrankheiten verbreiteten sich explosionsartig über die Weinbaugebiete. Durch einen sich immer stärker entwickelnden, chemischen Pflanzenschutz konnten die Weinreben und deren Erträge gesichert werden. Warum überlebten aber verschiedene Wildreben - vor allem in Amerika und Asien - diese Katastrophe ganz ohne chemische Hilfe? Sie haben über Jahrmillionen Resistenzen aufgebaut. Durch natürliche Kreuzungen schafften es einige Pioniere des Weinbaus die Widerstandskraft der Wildreben in die anfällige Kulturrebe einzubringen.“ Das ist die wissenschaftliche Erklärung, die Thomas auf die Frage gibt.

 

Hof Gandberg Weinberge

 

Aber es gibt auch eine emotionale: Thomas ist einfach stolz auf das, was die Natur selbst schafft, auf das, was die PIWIs leisten, wenn es viel regnet und die Luft besonders feucht ist. Denn das sind die idealen Bedingungen für Pilze. Thomas sieht dann zu, wie seine Reben dem Wuchern der Pilze ohne menschliches Zutun ein Ende setzen. „Es ist ja nicht so, dass die Pilze auf PIWIs nicht gedeihen, aber sie haben

nicht lange eine Chance: Die Rebe zieht dort, wo sich ein Pilz breit machen will, alle Nährstoffe zurück und isoliert den Angriffspunkt. Ergebnis: der Pilz wird ausgehungert. Die Blätter zeigen kleine Narben der erfolgreichen Schlacht: winzige braune runde Flecken. Doch der Sieg ist auf der Seite der Reben - und es gewinnen Thomas und seine Weine.“

Piwi Züchtung

 

Züchtung im Haus – Wie geht das?
Seit 2005 widmet Vater Rudolf seine Zeit und Energie auch der Züchtung von PIWIs. Noch bevor sich die Blüten der Rebe öffnen, müssen per Pinzette und viel Geduld die Staubfäden entfernt werden. Denn Weinreben sind vorwiegend Selbstbefruchter. Sobald der Fruchtknoten reif ist, wird er mit dem Blütenstaub der Vaterrebe bestäubt. Während der gesamten Blütezeit wird die Blüte in ein Säckchen gepackt, damit sie geschützt bleibt. So entstehen Weintrauben, bei denen jeder Kern ein ganz individuell zusammengesetztes Erbgut besitzt.

Geduld bringt … PIWIs
Dann heißt es, jeden Traubenkern säen, treiben lassen, pflegen und hegen. Ob er die gewünschte Pilzresistenz besitzt, zeigt sich bald, doch für die Auswertung der Traubenqualität, der Ernte-Ergiebigkeit und der Weintauglichkeit braucht es Zeit und Geduld. Frühestens nach fünf bis sechs Jahren weiß man, ob das Ergebnis vollkommen ist. Jedenfalls ist die Spannung groß, denn: eine neue Sorte ist entstanden!

 

Das höchste Lob

"Eine Auszeichnung ist eine Anerkennung unserer Arbeit und eine Referenz für Weinliebhaber und Kunden." Aber Thomas Niedermayr will die Auszeichnungen seiner Weine nicht überbewerten. In Thomas' Augen ist etwas Anderes viel wichtiger: der Wein soll als Gesamtwerk erkannt werden. Dafür kann kein Raster genügen. Aber wenn man eine Flasche öffnet und mit Zeit und Ruhe ihren Inhalt trinkt, erlebt, dann lernt man seine tieferen Geheimnisse kennen. Es ist ein geduldiges Herantasten, ein Riechen und Nachschmecken: ein Kennenlernen. Für Thomas wiegt der begeisterte oder erstaunte Gesichtsausdruck eines Kunden, der seinen Wein verkostet, mehr als eine Auszeichnung. Denn der Wein muss vor allem eines: er muss schmecken!

 

Hof Gandberg

 

Wein, natürlich! - Eine bio-sondere Hofbesichtigung

Lara Sinner: Ich habe mich auf den Weg zur Besichtigung des Hof Gandberg von Thomas Niedermayr gemacht. Wie ich dort empfangen wurde, was mir erzählt wurde und was alles hinter dem Konzept „Naturwein“ steckt - davon berichte ich Ihnen im Folgenden.

 

Und da war ich nun, am Hof Gandberg. Thomas Niedermayr würde mir heute sein Bioland-Weingut zeigen und die Hintergründe erklären. Dass sein Konzept ein ganz besonderes war, wusste ich. Aber - warum eigentlich? Auf das Klingeln an der Haustür reagierte niemand. Bis auf den Hahn, der unweit von mir kikerikierte und meine Ankunft an all seine Geflügel-Freunde, Enten und Hasen am Hof meldete. Ich machte mich also selbst auf den Weg, der Hausherr würde wohl irgendwo auf seinem Gut dem Werke nachgehen. Da hörte ich schon ein „Hallo!“. Thomas war, wie vermutet, inmitten der Weinreben beim Arbeiten - mit seiner Schwester. „Marlene arbeitet seit einem Jahr bei mir im Betrieb mit. Ich bin sehr froh über ihre Hilfe, denn es gibt ganz schön viel Arbeit im Weinberg, wenn man ganz natürlich arbeiten möchte.“

 

Biodiversität statt Dünger
So waren wir schon mittendrin im Weinberg, die Führung hatte begonnen. Es war zwar Winter, aber ich konnte dennoch sehr viel von der Biodiversität erleben. „Ich mache jedes Jahr einsaaten, die eine große Vielfalt an verschiedenen Pflanzen gedeihen lässt: zum Beispiel Luzerne, Steinklee, Futtermalve, Hülsenfrüchte, die Bienenweide - Phacelia, Sonnenblumen; letztere wachsen manchmal sogar gleich hoch wie die Reben selbst“, erklärte er. Diese Bio-Vielfalt kommt den Rebanlagen zugute. Sie sorgt dafür, dass die Nährstoffe leichter aus dem Boden aufgenommen werden können, macht sie sozusagen für die Reben verfügbar. Das Düngen erübrigt sich, ein natürlicher Kreislauf entsteht. Thomas kann seinen Wein so in der natürlichsten Form herstellen: ganz einfach Natur-Wein. „Es geht darum, dass eine Pflanze natürlich aufwächst. Das, was sie braucht, holt sie sich vom Boden. Viel mehr ist nicht nötig. Bei einer so natürlichen Anbauweise muss man zwar besonders viel Pflege in die Pflanzen stecken. Aber das zahlt sich auf jeden Fall aus. Denn wenn man dann den fertigen, in Stahl- und Holz-Fässern gereiften Wein kostet, dann ist die Freude umso größer. Man schmeckt Wein in seiner reinsten Form!“.

 

Piwi-Weinreben

 

Pilzresistent ist halb gepflegt
Thomas Niedermayr pflegt auf seinem Hof nicht herkömmlichen Blauburgunder – er zieht den etwas spezielleren Souvignier Gris. Und Bronner. Noch nie gehört? Ich auch nicht bis dahin.
Diese Sorten sind pilzresistent. PIWI-Reben, nennt man sie. Das Besondere ist, dass Pilze sich bei diesen Reben nicht ausbreiten können – sie greifen zwar an, aber das weitere Ausbreiten wird durch die Resistenz verhindert.

Thomas spritzt seine Trauben nur im Extremfall, maximal drei Mal jährlich. Dazu verwendet er nicht chemische Spritzmittel, sondern lediglich den in der Natur vorkommenden Schwefel. Ansonsten sorgt die Natur für seine Weingüter. Die weiß am besten, was die Trauben brauchen.

 

Do It Yourself Polenta und Brot
Thomas geht das Herz auf, wenn er durch seine Weingüter wandert – hier ist es so vielfältig und natürlich wie im Wald. Deshalb isst er auch die Pflanzen, die im Weinberg und am Hof wachsen, er hat sie schließlich selbst gesät. Die Familie versucht sich so weit wie möglich selbst zu versorgen. Davon zeugt ein großer Gemüsegarten. Und seit kurzer Zeit wächst – wie zu Urgroßmutters Zeiten – zwischen den Rebzeilen auch der Roggen. Damit wird dann einmal in der Woche Brot gebacken. Neben Roggen gedeiht hier aber auch Mais ganz hervorragend. Daraus wird dann Polenta gemacht.
Zucchini, Tomaten, Melanzane – hier fehlt es an nichts. Legen die Hühner fleißig Eier, ist die Mahlzeit komplett. Und wenn es von alledem genug gibt, dann werden Gemüse und Eier auch verkauft. Ansonsten gibt es ganz einfach eine Hühnerbrust. Oder einen Hasenbraten. So ist der Kreis des Lebens und so war er schon immer. Wenn schon Fleisch essen, dann doch lieber glückliche Hühner und Hasen. "Wenn sie vorher nicht der Raubvogel geholt hat, wie es manchmal auch passiert," beschwert sich Thomas. Auch das gehört dazu.

 

Hof Gandberg Enten

 

Bionier
Einen klassischen Weissburgunder hegt und pflegt Thomas aber dennoch. Der Nostalgie wegen, sagt er. Den Anfang des Bio-Anbaus hat Thomas’ Vater gemacht, in den 80er-Jahren. Er war eines der ersten Mitglieder beim Bioland-Verband und einer der Vorreiter in der Nutzung von PIWI-Reben. Als überzeugter Weinbauer kann Rudolf nicht die Finger von den Trauben lassen – er hilft Thomas überall und sein größtes Hobby ist es, selbst pilzresistente Weinpflanzen zu züchten. Da steckt viel Geduld dahinter, es ist Pinzetten-Arbeit, die oft nicht einmal Früchte trägt – aber das kann man vorher nie einschätzen.


Wenn dann doch eine selbst gezüchtete Rebe heranwächst und die Beeren auch noch lecker schmecken, dann ist das Grund zu großer Freude! Von seinem Vater hat Thomas auch die Leidenschaft. Er ist damit aufgewachsen und hat den Gedanken des naturnahen Anbaus noch weiter entwickelt. Aber wenn man auf solch besondere Art und Weise Wein herstellt, dann ist auch nicht alles Glanz und Gloria. Dann ist es die Hauptsache, dass man Freude an der Arbeit hat.


So verkraftet man auch ein schwierigeres Jahr. Und es ist umso schöner, wenn der gute Tropfen nach langer und harter Arbeit, in der schönen 7 / 10-Flasche abgefüllt und etikettiert ist. Eine persönliche Note hat Thomas´ Wein vom Hof Gandberg allemal. Denn er lässt Kultur, die es schon seit Jahrhunderten gibt, in neuem Gewand erstrahlen. Das ist nicht nur an der innovativen und mutigen Anbauweise erkennbar – sondern auch im Geschmack des Weines.